Quelle | Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz¸ 1929 |
Inhalt | Nach einer Lithographie von Hassler. |
Quelle | Sammlung Rolf Ramseier |
Art | Reisepass¸ 30x37cm |
Ort/Datum | Lugano¸ 06.05.1831 |
Inhalt | Stempel-Unterschrift des späteren Bundesrat Stefano Franscini in seiner Funktion als Staatssekretär des Kantons Tessin auf einem Reisepass vom 6. Mai 1831¸ ausgestellt für Giacomo Medici aus Agno im Bezirk Lugano für eine Reise in die Toscana¸ ebenfalls mit eigenhändiger Unterschrift von Giuseppe Filippo Lepori (1800-1873) in seiner Funktion als Regierungsstatthalter des Bezirk Lugano. Rückseitig mit unzähligen Bestätigungs-Unterrschriften und Stempeln der Stationen der Reise versehen. |
Tessiner Politiker, 5. Bundesrat
23.10.1796 Bodio, 19.7.1857 Bern, kath., von Bodio. Sohn des Giacomo, Landwirts, und der Regina Orlandi. 1823 Teresa Massari ( 1831), aus Mailand, 2) 1836 Luigia Massari, deren Schwester. Der aus sehr bescheidenen Verhältnissen stammende F. besuchte zuerst die kostenlose Winterschule des Pfarrers von Personico und ab 1808 das Priesterseminar Pollegio. 1815 trat er ins erzbischöfl. Seminar Mailand ein, das er aber 1819 wieder verliess, um Lehraufträge an den Grund- und höheren Schulen in Mailand zu übernehmen und um sich dem Studium der Geschichte, des Rechts, der Volkswirtschaft, der Statistik und der Pädagogik zu widmen. In diesen Jahren entdeckte er die volkswirtschaftl. und statist. Werke Melchiorre Gioias, die ihn nachhaltig beeinflussten. 1824 kam er aus familiären Gründen in die Leventina zurück, arbeitete aber weiter als Lehrer, schrieb Schulbücher und begann für die "Gazzetta Ticinese" Artikel über vaterländ. Geschichte, Wirtschaft und Statistik zu publizieren. Darauf ging er nach Lugano, wo er eine Schule für wechselseitigen Unterricht leitete und mit den neuen pädagog. Methoden starkes Misstrauen auslöste. 1827 veröffentlichte er die "Statistica della Svizzera", ein Werk von explizit liberaler Gesinnung, das mit vergleichender Methode die komplexe helvet. Realität darstellte. Unter dem autoritären, österreichfreundlichen und misstrauischen Regime von Landammann Giovanni Battista Quadri sorgten F.s Schriften für Unruhe und Verwirrung. 1828 veröffentlichte F. "Della pubblica istruzione nel Cantone Ticino", in dem der miserable Zustand des Bildungswesens angeprangert wurde. 1830 erschien anonym das kleine, sehr erfolgreiche Werk "Della riforma della Costituzione ticinese", das die schlimmsten Übel von Quadris Regime anprangerte und den Weg zur Regeneration des Kantons in einem liberalen Sinn aufzeigte. Nach 1830 führte F. seine publizist. Tätigkeit in den liberalen Blättern "L'Osservatore del Ceresio" und "Il Repubblicano della Svizzera italiana" fort. 1837-40 erschien "La Svizzera italiana", das reifste statist. Werk, in dem er "den wahren und realen Zustand des Landes" darstellen wollte.
Daneben wurde F. aber immer mehr in die Politik hineingezogen: 1830-37 und 1845-47 war er Tessiner Staatssekretär, 1837-45 sowie 1847-48 Mitglied der Tessiner Regierung, 1841, 1843, 1845 und 1846 Abgeordneter der eidg. Tagsatzung und schliesslich 1848 Nationalrat. In diesen Jahren vertrat er das Tessin an den interkant. Konferenzen über Zoll-, Post- und Handelsfragen; er war im Wallis, um nach der Niederlage des Sonderbunds die aufgebrachten Gemüter zu beruhigen, und 1848 in Neapel, um das Verhalten der Schweizer Söldnertruppen zu untersuchen. Am 16.11.1848 wurde F. für die Radikalliberalen in den ersten Bundesrat gewählt, wo er dem Dep. des Innern vorstand. Sein Projekt einer eidg. Universität als Begegnungsort der versch. Kulturen in der Schweiz scheiterte an unüberwindbaren Widerständen; mehr Erfolg hatte er mit dem Plan eines Eidg. Polytechnikums, das 1855 genehmigt und in Zürich realisiert wurde. Überzeugt wie nur wenige, dass das genaue Wissen über ein Land die Grundlage für jeden Fortschritt bilde, legte F. mit seiner hartnäckigen Pioniertätigkeit auch das Fundament für das 1860 geschaffene Eidg. Statistische Amt. Im Tessin setzte er sich ohne Unterlass für die Förderung der Schule - "allererstes Element der nationalen Zivilisierung" - ein und gründete u.a. die Gesellschaft der Freunde der Volkserziehung. Er erarbeitete Gesetze, beschäftigte sich mit Landwirtschaft und Wäldern, mit Strassen und Zöllen sowie mit der Reform der Patrizier- und der Gemeindeordnung. Auch mit der heiklen Frage der Beziehung von Kirche und Staat setzte er sich auseinander und kämpfte unermüdlich gegen regionales Denken, welches das Entstehen eines Tessiner Bewusstseins und eines effizienten, geordneten Staates behinderte. F. war von der Notwendigkeit von engeren Verbindungen zwischen dem Tessin und der eidg. Regierung überzeugt. 1854 veröffentlichte er die "Semplici verità ai ticinesi sulle finanze e su altri oggetti di ben pubblico", eine Art polit. Manifest, das zu Versöhnung, zu umsichtigem Regieren und zu sorgfältiger Finanzverwaltung aufrief. Aber im gleichen Jahr verweigerte ihm das von Parteikämpfen zerrissene Tessin die Wiederwahl in den Nationalrat, und F. konnte sich nur dadurch retten, dass der Kt. Schaffhausen ihm einen Sitz anbot. Auch sein weiterer Verbleib in Bern war von Unverständnis geprägt, und sein Wille, zwischen der eidg. Regierung und dem Kt. Tessin zu vermitteln (hinsichtlich der Beziehungen mit den österr. Behörden der Lombardei und dem Asylrecht), brachte ihm Zwiste und von beiden Seiten unverdiente Kritik wegen Nachgebens ein.
In den Bundesrat gewählt als Vertreter des Kantons Tessin am 16. November 1848. Stefano Franscini verstarb am 19. Juli 1857 im Amt.
Freisinnig-demokratische Partei der Schweiz
1848 – 1857 Departement des Innern
Quelle Biografie:
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Stefano Franscini aus dem Historischen Lexikon der Schweiz (HLS) - Onlineversion des Historischen Lexikon der Schweiz. Autorin/Autor: Andrea Ghiringhelli / CN. Version : 12.11.2012. |