Richard Vogel

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Inspizient am Zürcher Schauspielhaus und Autogrammsammler

Anfang der 2000er-Jahre wurden mir Autogramme eines Sammlers aus Zürich angeboten. Ich hatte bis dahin noch nie eine so umfangreiche und grosse Sammlung gesehen. Es waren tausende von signierten Fotos in Alben aufbewahrt und sortiert, hunderte von Dokumenten und Briefen fein säuberlich in Kartonkisten abgelegt und massenweise lose, unsortierte Autogrammfotos von Schauspielern aus Deutschland, Frankreich, England und den USA – ich war im absoluten Autogrammhimmel!

Zusammengetragen hat diese aussergewöhnliche Sammlung Richard Vogel, er arbeitete über viele Jahrzehnte am Zürcher Schauspielhaus und an anderen Schweizer Bühnen. Bereits in den 1930er-Jahren startete er seine Autogrammsammlung, als er in Berlin bis 1942 am Theater arbeitete. Ab Mitte der 1940er-Jahre war er am Zürcher Schauspielhaus beschäftigt und hatte so die Möglichkeit, auch an teils ungewöhnliches Bildmaterial zu kommen, das er sich von den Darstellern signieren liess. Neben vielen Deutschsprachigen Stars traten in Zürich auch internationale Grössen wie Ingrid Bergman auf, solche Gelegenheiten liess Richard Vogel sich nicht entgehen! Klaus Kinski, bat er jedoch nicht persönlich um ein Autogramm, aber seine Tochter war für einige Tage die Spielkameradin von Kinskis Tochter Pola.

Ab den 1950er-Jahren beginnt er auch Schauspieler in den USA anzuschreiben. Er verschickte jeweils eigene Fotos und Postkarten, etwas was durchaus ungewöhnlich war für diese Zeit, und erhält auf diesem Weg auch viele grosse Namen wie Buster Keaton, Clark Gable, Charlie Chaplin, Rita Hayworth und Betty Grable. Offenbar kauft er ab und an auch mal Autogramme auf Flohmärkten oder kriegt diese geschenkt, denn so gelangen auch Autogramme von Marilyn Monroe, James Dean und Marlon Brando in seine Sammlung. Von diesen Unterschriften weiss man heute aber, dass es sich dabei nicht um Originale handelt.

Durch seine Arbeit am Zürcher Schauspielhaus sind auch besonders viele Autogramme von Schweizer Schauspielern zusammengekommen. Viele davon sind aufgrund der Motive und der persönlichen, oftmals sehr herzlichen Widmungen an Richard Vogel einzigartig und bilden heute einen bedeutenden Teil meiner eigenen Schweizer Schauspiel Autogrammsammlung. Viele seiner Autogramme tragen rückseitig seinen Stempel "Archiv Richard Vogel Spiegelgasse 29, Zürich".

Zu seinem 30. Jubiläum am Schauspielhaus Zürich erschien nachfolgender Text von Gerd Heinz:

Richard Vogel - 30 Jahre am Zürcher Schauspielhaus

Ein seltener Vogel, der Richard. Dreissig Jahre Inspizient, zwanzig Jahre Leiter der Statisterie, dazu unzählige kleine Rollen, all die Diener, Polizisten, Köche, Träger, Kellner und Soldaten. Und all die unzähligen Statisten und Komparsen, die er zur Zufriedenheit der launischen Regisseure auftreiben und organisieren musste, Lange, Dünne, Dicke, Kleine, Girls und Tanten, Sänger, Boxer, Kinder. Und Inspizient, ein Beruf, der oft erklärt und nie begriffen wurde, ausser von dem, der das Glück hatte, eine Vorstellung hinter dem Vorhang zu erleben. Er ruft die Mimen, treibt die Chöre, gibt die Zeichen für Licht, Ton, Vorhang und alle anderen Einfälle, bewacht, organisiert, tröstet, hilft, kurz, er «fährt» die Vorstellung. Steuermann halt die Wacht. Wenn’s schiefgeht, er ist schuld. Geht’s gut, waren’s die andern. Und wenn es ganz schlimm kommt, muss er das Kapitänspatent haben. Richard steuert jeden Fischkutter ums Kap Horn. Einhändig. Wer ihn erlebt hat in Berlin beim Theatertreffen, wo zwei Stunden das Licht wegbrach; oder wie plötzlich Demonstranten in der «Mittagswende» die Bühne besetzten, oder bei Ohnmachtsanfällen kurz vor oder während der Vorstellung: mit der Ruhe eines Buster Keaton lenkt Richard Vogel die Geschicke ins Ziel. Und wenn die Luft ganz dünn wird, klopft er einen Spruch aus der Westentasche, der jedes Zwerchfell hüpfen lässt. Bei Applausen schliesslich, die er kommandiert, begreift man, wie Nelson eine Schlacht gewonnen hat. Das Schönste aber ist, wenn man als Schauspieler von der Szene abgeht und Richard plötzlich aus seiner Ecke hervorlugt, seinem Pult mit den geheimnisvollen vielen Knöpfen für einen Augenblick den Rücken zukehrt und mit der Hand einen ruhigen, geraden Strich in die Luft zieht: perfetto. Da atmest du durch und bist zu Hause. Danke, Richard, und Gratulation. Und auf viele weitere, gesunde Jahre. Wer das alles dreissig Jahre durchgestanden hat und dem dann noch der Schalk aus den Augen lacht, der Vogel, scheint mir, hat Humor.

Nachfolgend eine Auswahl von Widmungen die Richard Vogel als Arbeitskollege erhalten hat, sie zeigen die tiefe Dankbarkeit gegenüber seiner Arbeit, aber auch die persönliche, freundschaftliche Verbundenheit.

Leopold Biberti

"Vogi¸ meinem Gönner und Lehrmeister¸ dem ich unmessbares verdanke¸ in nie versiegender Erinnerung all dessen¸ was ich durch ihn gewann (Und in aufrichtigem Gernhaben !!!) Bibi"

Paul Bühlmann

"Dem lieben Richard ohne den mir Paris nicht halb so gut gefallen hätte¸ die besten Wünsche".

Voli Geiler

"Lieber Richard du bist Grossartig Ich danke Dir Deine Voli"

Erwin Kohlund

"dem lieben¸ treuen und zuverlässigem Helfer in herzlicher Dankbarkeit"

Leopold Lindtberg

"dem Freund und Gefährten in so vielen dramatischen Abenteuern herzlichst Leopold Lindtberg"

Walo Lüönd

"Für Richard der mich immer an den richtigen Platz setzt ! Herzlichst Walo"

Elisabeth Müller

"Trotzdem am Abend dann doch der Vorhang aufging¸ haben Sie der "Artemisia" viel Mut und Zuversicht gegeben. Mit vielen guten Wünschen Ihre Elisabeth Müller"

Elvira Schalcher

"Meinem lieben Ritschi¸ mit herzlichem Dank für Hilfe¸ Geduld u. Liebenswürdigkeit ! Deine Elvira"

Armin Schweizer

"Seinem liebsten Feinde - Richard Vogel - Larifari ! In feindlicher Treue dein alter Armin Schweizer"

Valerie Steinmann

"Lieber Richard Zur Erinnerung an unsere langjährige Freundschaft die mit der Wildente begann ! Deine Buschi".

Ruedi Walter und Margrit Rainer

"Unserem .. .. Vogel - Schlachtenlenker Richard I - mit herzlichem Dank und allen guten Wünschen. Ruedi Walter Margrit Rainer April 1960".

Christiane Hörbiger spielte die "Minna" in Zürich im Herbst 1965

"Sehr lieber Herr Vogel! Dass ich so gerne hier bin, hat aber schon sehr viel mit ihrer besonders netten Art zu tun! Ihre Christiane Hörbiger"

Oliver Grimm

"Meinem Freund Richi, alles Liebe von deinem Oliver Grimm" " Richi, mein Alter alle Liebe von Deinem Oliver Grimm"

Chariklia Baxevanos

"Meinem lieben Herr Vogel mit vielem Dank für Alles! Ihre Baxi"

Rudolf Bernhard

"Dem treuen Mitarbeiter Herrn Vogel herzlichst Rudolf Bernhard Feb. 47"

Anne-Marie Blanc

"Herrn Richard Vogel zur Erinnerung an unsere erste Zusammenarbeit¸ möge sie auch in Zukunft so erfreulich und ...... sein. Okt. 1955 Anne-Marie Blanc"

Peter Brogle & Kathrin Schmid

"Lieber Richard - für 1962 wünschen wir Dir von Herzen alle Gute und danken Dir für Alles - 1. Januar 1962 Dein Peter Brogle & Kathrin Schmid"

Therese Giehse

"Dem lieben Vogel zur Erinnerung Therese Giehse"

Stephanie Glaser

"Zur Erinnerung an unser gemeinsames Fernsehen "De Tod uf em Öpfelbaum" Stephanie Glaser 22.6.66"

Max Haufler

"Dem lieben Richard Vogel mit Dank ! Haufler Jan. 56."

Grete Heger

"Dem unentbehrlichen Helfer Richard Vogel zur Erinnerung an unser Kaffeehaus an unser ganz besonders schönes Kaffeehaus Grete Heger"

Fredy Scheim

"Dem pflichtgetreuen Richard Vogel zur freundlichen Erinnerung an unsere gute Zusammenarbeit am Bernhard Theater gewidmet Fredy Scheim 27.V. 1954"

Hannes Schmidhauser

"Meinem Freund Richard Vogel mit freundlichsten Wünschen auf Weihnachten 1955 Hannes Schmidhauser"

Quelle Biografie:

Autoren: Rolf Ramseier, Gerd Heinz