Quelle | Die Schweizer Bundesräte - ein biographisches Lexikon. S. 254 |
Quelle | Sammlung Rolf Ramseier |
Art | Fragment mit Unterschrift¸ 5x8.5cm |
Inhalt | Aus einem eigenhändigen Brief ausgeschnittene Unterschrift¸ dazu eigh. Briefkopf und Adresse¸ datiert Bern¸ 21.1.1895. Aus der Sammlung des Zürcher Autographensammler Fred Rihner. |
Luzerner Politiker, 30. Bundesrat
2.9.1834 Entlebuch, 8.12.1908 Bern, katholisch, von Entlebuch. Sohn des Jost, Gerichtsschreibers, und der Maria Josefa geborene Meier. Philomena Widmer, Tochter des Johann Georg, Apothekers. Nach dem Gymnasium in Luzern studierte Josef Zemp Rechtswissenschaften in Heidelberg und München und promovierte 1859 in Heidelberg zum Dr. iur. Danach eröffnete er in Entlebuch ein Anwaltsbüro. Seine politische Laufbahn begann er im Schweizerischen Studentenverein, dem er 1857-1858 als Zentralpräsident vorstand. 1863 wurde er als Konservativer in den Grossen Rat des Kantons Luzern gewählt, sass 1871 im Ständerat, 1872-1891 im Nationalrat (1888 Präsident) und war 1880-1885 Präsident der katholisch-konservativen Fraktion. In die Zeit seines Fraktionsvorsitzes fiel 1884 die Motion Zemp-Keel-Pedrazzini zur Verfassungsrevision, die als Abkehr von der fundamentalistischen Opposition der Katholisch-Konservativen gegen den liberalen Bundesstaat interpretiert wurde. Zu Beginn der 1880er Jahre scheiterte er mit dem Versuch, eine Landespartei unter dem Namen Konservative Union zu bilden.
Mit der Wahl Zemps zum Bundesrat am 17. Dezember 1891 kam der historische Kompromiss zwischen Freisinn und der katholisch-konservativen Opposition zustande. Die Ablehnung der Vorlage für den Rückkauf der Zentralbahnaktien am 6. Dezember 1891, die zum Rücktritt des freisinnigen Vorstehers des Post- und Eisenbahndepartements Emil Welti geführt und eine Regierungskrise ausgelöst hatte, bewog den Freisinn, den Katholisch-Konservativen einen ersten Sitz im Bundesrat anzubieten. Da Zemp zu den Gegnern der Eisenbahnverstaatlichung gehört hatte, war es ein geschickter Schachzug des Bundesratskollegiums, Zemp die Leitung des Post- und Eisenbahndepartements zu übertragen. Als Departementsvorsteher setzte sich Zemp denn auch für den Rückkauf der Eisenbahnen ein, der in der Volksabstimmung von 1898 deutlich angenommen wurde. Damit war der Weg zur schrittweisen Verstaatlichung des Eisenbahnnetzes und zur Gründung der Schweizerischen Bundesbahnen offen. Zemp erlangte dadurch grosse Popularität, stiess aber bei einer Minderheit der eigenen Parteifreunde auf heftigen Widerstand. Er war zudem verantwortlich für das Bundesgesetz über die Organisation der Telefon- und Telegrafenverwaltung von 1907 und zahlreiche internationale Abkommen. 1895 und 1902 war Zemp Bundespräsident, wechselte aber nur 1902 ins Politische Departement. Dort sah er sich zeitweilig mit diplomatischen Unstimmigkeiten zwischen Italien und der Schweiz konfrontiert. Im selben Jahr weihte er auch das neue Parlamentsgebäude in Bern ein. Im Juni 1908 trat er aus gesundheitlichen Gründen zurück. Zemp verkörperte einen neuen Typ katholischer Politiker, der bei aller Treue zu den Prinzipien des katholischen Konservativismus Realpolitiker war und sich durch republikanische Volksverbundenheit auszeichnete. Für den politischen Katholizismus stellt er – ähnlich wie später Ernst Nobs für die Sozialdemokratie – eine Symbolfigur für die politische Integration in den Bundesstaat dar.
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Josef Zemp aus dem Historischen Lexikon der Schweiz (HLS) - Onlineversion des Historischen Lexikon der Schweiz. Autorin/Autor: Heinrich Staehelin. Version : 11.10.2013.